Warum säkular? Ist Buddhismus keine Religion?

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Von Buddhastiftung

Die Frage, ob der Buddhismus eine Religion und womöglich eine säkulare, eine Philosophie oder eine Lebensweise ist, wird breit diskutiert. Für die vielen Gelehrten und Praktizierenden, die die Ansicht vertreten, dass es sich beim Buddhismus um eine Religion (oder eine Familie von Religionen) handelt, klingt “säkularer Buddhismus” oder “säkularer Dharma” wie ein Widerspruch. Doch stimmt das?

Was bedeutet säkular?

Dazu müssen wir einen Blick auf das Wort “säkular” werfen, das drei sich überschneidende Bedeutungen hat:

  1. „Säkular“ im Gegensatz oder als Gegenteil  zu “religiös”;
  2. Abgeleitet vom lateinischen Wort “saeculum”, das ursprünglich eine menschliche Lebensspanne bezeichnete, später jedoch als ein Jahrhundert verstanden wurde, bezieht sich „säkular“ auf weltliche Sorgen hinsichtlich der Qualität unserer persönlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Erfahrungen auf der Erde;
  3. Und schließlich verweist „säkular“ auf den tiefgreifenden kulturellen Wandel in den westlichen Ländern, wo metaphysische Überzeugungen und religiöse Wahrheitsansprüche nicht länger von zentraler Bedeutung sind und selbst einige traditionelle religiöse Institutionen stattdessen die Bedeutung von Zugehörigkeit und ethischer Praxis hervorheben.

Was ist wahr?

Säkularer Dharma, oder säkularer Buddhismus, ist “säkular” im Sinne der zweiten und dritten Definition des Begriffes. Das Aufkommen des säkularen Dharma ist nur ein Beispiel für die Säkularisierung, die sich im Westen schon vor der europäischen Aufklärung zu entwickeln begann. Historisch betrachtet hat sich Säkularität eher aus einer über Jahrhunderte hinweg geführten religiösen Debatte heraus entwickelt als aus einem Sieg der Wissenschaft über die Religion. Heutzutage  verlieren  Wahrheitsansprüche in allen Kulturen immer mehr an Bedeutung, auch und vor allem was den Glauben an übernatürliche Wesen oder Phänomene anbelangt.

Religion ist “der Zustand des Ergriffenwerdens von einem letzten Anliegen”

Der christliche Theologe Paul Tillich argumentiert, dass Religion als solche wenig mit Glauben zu tun hat, vielmehr sei Religion “der Zustand des Ergriffenwerdens von einem letzten Anliegen.” Der säkulare buddhistische Autor und ehemalige Mönch Stephen Batchelor schreibt: “Säkularer Dharma hat eine religiöse Qualität, weil er in vier ‘letztlichen Anliegen’ verwurzelt ist: dem Prinzip der Bedingtheit; der Praxis einer vierfachen Aufgabe; der Perspektive des achtsamen Gewahrseins; und der Kraft der Selbstverantwortung.”

Praktizierende sind tolerant gegenüber allen buddhistischen Traditionen

Da säkulare Dharma-Praktizierende mit unterschiedlichen buddhistischen Linien in Verbindung stehen, hat sich der säkulare Dharma aus bestimmten Modernisierungstendenzen innerhalb verschiedener Schulen des Buddhismus heraus entwickelt. In einer säkularen Dharma-Gemeinschaft ist Aufgeschlossenheit und Toleranz von großer Bedeutung, niemand wird aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Fähigkeit, Überzeugungen oder Glauben diskriminiert. Niemand muss bestimmte metaphysische Überzeugungen übernehmen oder sich an Aktivitäten beteiligen, die im Allgemeinen mit Religion – ob buddhistisch oder nicht – verbunden sind, wie z.B. Chanten oder Beten.

Dieser Beitrag entstammt einer adaptierten Übersetzung eines Textes unserer Freunde von Tricycle -vielen Dank für die Genehmigung- im Original veröffentlicht als “Why secular? Isn`t Buddhism a Religion?”

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