Der Unterschied zwischen Frühem Buddhismus und Theravada

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Von Buddhastiftung

Buddhas Wort und was daraus wurde

Vielen ist nicht klar, dass es einen Unterschied zwischen frühem Buddhismus und Theravada gibt. Viele dogmatische Ideen im Buddhismus werden von den Traditionen als Buddhas Wort verkauft. Vieles davon findet sich jedoch nicht in den ältesten Texten, den sog. Frühen buddhistischen Texten, sondern wurde Jahrhunderte nach Buddhas Tod niedergeschrieben und dann für “authentisch” erklärt.

Für viele am Buddhismus Interessierte ist es dementsprechend unüberschaubar, welche Traditionen sich auf welche Texte aus welcher Zeit berufen und wie sich die verbindlichen Interpretationen und Auslegungen unterscheiden.

Säkularer Buddhismus basiert schwerpunktmäßig, aber nicht ausschließlich auf dem Frühen Buddhismus, d.h. den Frühen buddhistischen Texten (EBT, early buddhist texts), v.a. den ersten beiden Sammlungen des sog. Palikanon.

Die Achtsamkeits- und Vipassana-Bewegung stützen sich hauptsächlich auf Meditationsanleitungen, die dem Theravada entspringen.

Theravada ist eine der ältesten buddhistischen Traditionen, die im Laufe der Jahrhunderte unzählige Kommentare zu den Frühen buddhistischen Texten (EBT) verfasst hat, aus denen Konzepte entstanden sind, die sich in den EBTs überhaupt nicht wiederfinden, wie z.B. das Konzept der absoluten und relativen Wahrheiten.

Der Unterschied zwischen Frühem Buddhismus und Theravada

Bisher gab es noch keinen übersichtlichen und verständlichen Vergleich zwischen dem zentralen Themen des Frühen Buddhismus und dem Theravada. Diese Aufgabe hat dankenswerterweise Bhikkhu Sujato übernommen, der mit suttacentral.net auch für eine durchgehende Übersetzung des Palikanons ins Englische unter Einbindung anderer Sprachen gesorgt hat.

Sein kleines 50-seitiges Buch “How Early Buddhism Differs From Theravada” erschien im Januar 2022 und ist kostenlos als pdf oder epub oder Print zur Verfügung (siehe Download-Links unten).

Es ist jedem empfohlen, der sich für Säkularen Buddhismus interessiert, da kurz und knapp herausgearbeitet wird, wo die Unterschiede liegen zwischen Frühem und Theravada-Buddhismus.

Bhikkhu Sujato ging an das Thema offen heran und anerkennt die Notwendigkeit, den Dharma so zu interpretieren, wie es für die Menschen unserer Zeit verständlich ist, dem Grundanliegen des Säkularen Buddhismus. Das fasst er in seiner Einleitung zusammen:

Einführung

(Übersetzung ins Deutsche und Zwischenüberschriften von Buddhastiftung, Ergänzungen in eckiger Klammer)

“Dies ist eine praktische Zusammenfassung einiger wichtiger Unterschiede zwischen dem frühen Buddhismus und dem Theravada. Lassen Sie mich erklären, was darunter zu verstehen ist.

– Unter dem Frühen Buddhismus versteht man die Lehren der “Frühen buddhistischen Texte” (EBTs, early buddhist texts), d. h. die kanonischen [für die Tradition verbindlichen] Reden, die zu Lebzeiten des Buddha oder kurz danach niedergeschrieben wurden und die uns in Pali, Chinesisch, Tibetisch und Sanskrit überliefert wurden.

– Theravada ist die Schule [Tradition] des Buddhismus, die im Mahāvihāra [Kloster aus dem 3. Jdt. V. Chr.] in Anuradhapura in Sri Lanka begründet wurde und sich später in ganz Südostasien verbreitete. Sie betrachtet allein das Pali Tipitaka als maßgebend.

Jede Tradition unterliegt Veränderung

Wie jede religiöse Tradition hat sich auch der Theravada im Laufe der Jahre weiterentwickelt und verändert. Viele dieser Lehren sind im Visuddhimagga und anderen Kommentaren von Buddhaghosa (5. Jh. n. Chr.) kodifiziert, während sich andere bis in die Neuzeit entwickelt haben. In dieser Liste konzentriere ich mich auf die Lehren, die in der Hauptströmung des Theravada, wie sie von ausgebildeten Gelehrten und Praktizierenden vermittelt wird, allgemein akzeptiert sind, und nicht auf nebensächliche Theorien oder volkstümliche Praktiken. Es geht auch nicht um Korruption innerhalb des Theravada; es geht um die Überzeugungen und Bestrebungen, die gute Menschen haben, und nicht darum, ob jeder sie einhält.

Ansprüche auf Verbindlichkeit sind kritisch zu bewerten

Unterschiede entstehen unweigerlich, wenn neue Lebensbedingungen neue Lesarten der alten Texte erfordern. Die Entwicklung von Denkanstößen ist ein wesentlicher Bestandteil einer lebendigen Tradition, und heute setzen wir die kommentierende Praxis fort, die Bedeutungen der Schriften neu ergründen und neu zu interpretieren. Da die traditionellen Kommentare jedoch den Anspruch erheben, die kanonischen Texte zu erklären, und da ihre Lesarten den Glauben und die Praxis vieler Menschen beeinflussen, ist es wichtig, diese Ansprüche auf Verbindlichkeit kritisch zu bewerten.

Jeder muss sein eigenes Verständnis des Dharma entwickeln

Das Ziel dieser der vorliegenden Themenliste ist es, den Lernenden dabei zu helfen, zu verstehen, wo die Sprache und die Ansichten und Interpretationen des modernen Theravada von den Suttas abgewichen sind. Natürlich bedeutet die Tatsache, dass etwas anders ist, nicht, dass es besser oder schlechter ist. Manchmal ändern sich Dinge im Wortlaut, aber nicht in der Bedeutung; manchmal passen sie sich den Umständen an; manchmal erweitern sie Dinge, die in Kurzform dargelegt wurden; und manchmal ändern sie die Bedeutung der EBTs. Ich versuche aufzuzeigen, wo die Änderungen liegen, und biete genügend Hintergrundinformationen, um zu zeigen, warum sie wichtig sind.

Letzten Endes sind wir alle für unsere Überzeugungen verantwortlich, und Sie müssen letztendlich unser eigenes Verständnis des Dhamma entwickeln. Es steht mir nicht zu, zu sagen, was Sie glauben oder praktizieren sollen. Aber als ich meinen Lernprozess begann, brauchte ich viele Jahre und viele Irrwege, um zu verstehen, worum es geht, und so biete ich diese kurzen Notizen in der Hoffnung an, dass sie einigen den Weg ebnen.

Ich versuche nicht, die historische Entwicklung der Begriffe und Ideen nachzuzeichnen. Es handelt sich um eine Checkliste, nicht um eine Doktorarbeit. Ich versuche auch nicht, auf die komplexen Diskussionen zu diesen Themen einzugehen, von denen viele mehrere Interpretationen zulassen.

Ich diskutiere auch keine modernen Ideen wie “abhängiges Entstehen in nur einem Leben” oder “jhāna-lite”, da diese weder in den EBTs noch in der Theravada-Tradition zu finden sind. Es ist zu bedenken, dass bestimmte moderne Formen des Buddhismus mit ihrer Ablehnung von Wiedergeburt, Nibbana und der monastischen Sangha in wenigen Jahrzehnten weiter von den Lehren des Buddha abgewichen sind als die Traditionen in Jahrtausenden.

Der Dharma lehrt eine Art des Seins

Es darf uns nicht überraschen, dass sich in den Traditionen im Lauf der Zeit Veränderungen angesammelt haben. Und wenn wir sie alle in einer großen Liste zusammenfassen, sieht es wirklich nach einer Menge aus. Aber vergessen Sie nicht, dass die Traditionen auch dafür verantwortlich sind, das Dhamma zu bewahren und es uns zu ermöglichen, zu praktizieren. Und sie bewahren auch viele Aspekte des Dhamma, die sich nicht so einfach auf einfache Lehren reduzieren lassen: eine Art des Seins oder Ethos, ein Gefühl für Tugend, eine Wertschätzung für den Buddha und seine Lehren.

Wir kritisieren im Vertrauen auf die Erneuerungsfähigkeit der Traditionen

Viele dieser Themen werden innerhalb der buddhistischen Traditionen aktiv diskutiert, und in der Tat habe ich viele von ihnen von traditionellen Gelehrten und Praktizierenden gelernt. Wir kritisieren nur aus Liebe und Respekt, in dem Vertrauen, dass eine lebendige Tradition eine solche ist, die zu einer Erneuerung fähig ist.”

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