Erwachen (Pali: bodhi) wird auch übersetzt mit Erkenntnis und Wissen. Erwachen ist die Einsicht, die der Buddha durch Übung erreicht und in seiner ersten Lehrrede gelehrt hat. Er nannte die Erkenntnis nicht Erleuchtung. Erwachen ist eine Erfahrung, die durch Praxis des achtfachen Pfades bzw. Kontemplation in der Meditation das erfahrungsbasierte Verständnis öffnet für die zwei Erkenntnisse Nirvana (Frei sein Reaktivität und Konditionierung) und Bedingtes Entstehen (gegenseitige Abhängigkeit aller äußeren und inneren Phänomene und somit Fehlen eines unveränderlichen Kerns).

Im traditionellen Buddhismus steht für ERWACHEN oft ERLEUCHTUNG. Diese ERLEUCHTUNG steht für das Erreichen einer über-menschlichen Perfektion. Der ERLEUCHTETE ist angeblich gänzlich frei jeglicher Spuren von Gier, Hass und Täuschung, er hat das Leiden hinter sich gelassen und muss auch nicht wiedergeboren werden.

Stephen Batchelor schreibt dazu in seinem Essay “Säkularer Buddhismus”:
“..Anstatt seine Erfahrung unter dem Baum bei Uruvelā als einen transzendenten Einblick in die endgültige Wahrheit oder das Ewige zu beschreiben, sagt der Buddha in der Ersten Lehrrede:
Solange mein Wissen und meine Vision über diese zwölf Aspekte der Vier nicht ganz klar waren, habe ich nicht den Anspruch geltend gemacht, ein unvergleichliches Erwachen in dieser Welt erlebt zu haben…
Erwachen ist kein singulärer Einblick in das Absolute, vergleichbar mit den transzendenten Erfahrungen, von denen die Mystiker der deistischen Traditionen berichtet haben, sondern eine komplexe Abfolge von miteinander verbundenen Errungenschaften, gewonnen durch die Umgestaltung der Kern-Beziehung zu Leiden, Entstehen, Aufhören und zum Pfad.
Diese Lesart der Ersten Lehrrede beantwortet auch eine Frage, die viele verwirrt hat: Warum werden die vier «Edlen Wahrheiten» in der Abfolge dargestellt, wie wir sie vorfinden? Warum führt der Text zuerst Leiden (eine Wirkung) an, um dann zurück zu gehen und seine Ursache (Verlangen) darzustellen? Und dann, warum bringt er das Ende des Leidens (eine Wirkung), und geht dann zurück, um seine Ursache (den achtfachen Pfad) anzuführen? Diese Abfolge von «Wirkung, Ursache, Wirkung, Ursache» wird allgemein als ein Beispiel von Buddhas «therapeutischem» Ansatz interpretiert. Zuerst muss man erkennen, dass man krank ist, dann geht man zu einem Arzt, der die Ursache der Krankheit diagnostiziert, dann wird der Arzt einem versichern, dass es eine Heilung für die Krankheit gibt, und schließlich ein Heilmittel verabreichen. Diese Metapher ist allerdings nirgendwo in den Lehrreden oder monastischen Ausbildungstexten des Pali Kanons gefunden worden. Es ist ein späterer – und, meiner Meinung nach, ein bemühter – kommentierender Kunstgriff mit autoritärem Unterton, der eingeführt wurde, um die inkongruente Reihenfolge der vorgelegten Wahrheiten zu rechtfertigen. Aber wenn man die vier eher als Aufgaben denn als Wahrheiten versteht, ist das Rätsel gelöst. Die Vier sind in dieser Reihenfolge aufgeführt, weil das die Reihenfolge ist, in der sie als Aufgaben auftreten, die durchgeführt werden sollen: Das Leiden voll zu erkennen führt zum Loslassen von Verlangen, was zur Erfahrung von seinem Aufhören führt, was schließlich zur Kultivierung des Weges führt…”